Mein Herz hüpfte vor Freude, von Gannika

Laut meinen Eltern war ich ein total dickes aber sehr zufriedenes Baby. Liebe und viel zu Essen waren die beiden Hauptgründe dafür. Nach einem guten Jahr kam allerdings Bewegung in die Sache: Ich hatte laufen gelernt und schnell wurde aus dem gut genährten „Buddha-Baby“ in Sitz- und Liegeposition ein kleines Wiesel, das alle auf Trab hielt und mit Begeisterung seine Umgebung erforschte.

Ich lernte gerne und interessierte mich für alles, war deshalb auch eine gute Schülerin. Im Gymnasium lernte ich die Meditation kennen, von unserem Religionslehrer, ein älteres, liebenswürdiges, geduldiges, weißhaariges Modell. Er wollte, dass mehr als 20 pubertierende Jugendliche ruhig auf ihren Sesseln sitzen und nach Innen tauchen. Tja, mutiger Versuch, soweit ich mich erinnern kann, hatte er Ausdauer, er probierte es mehrere Male, aber wir konnten oder wollten auch nicht folgen, in die Welt der Stille. Aber immerhin ist es in meinem Gedächtnis hängen geblieben.

Auf der Uni besuchte ich ein Seminar, in dem so genannte Naturmeditationen eingebaut wurden. Ich genoss die Sessions - einfach nur ruhig zu werden, zu atmen und zu sein - war eine Wohltat. Ich fühlte mich anschließend wie neu geboren, aufgetankt und frisch.
Auf dem Weg zur Uni sah ich immer wieder - ich nannte sie - esoterische Plakate, die zu kostenlosen Meditationskursen und anderen Veranstaltungen einluden. Das werde ich mir ansehen, wenn ich Zeit habe, nahm ich mir vor.

Die Zeit verging, ich schloss mein Studium ab und ging in meine Heimatstadt zurück, um Lehrerin zu werden. Angeblich hatte ich meinen Berufswunsch schon mit 5 Jahren verkündet.
Aber so richtig erfüllend fand ich das alles nicht! Ich fühlte mich eingesperrt und unverstanden.

Das war also das Leben als Erwachsener, auf das man 20 Jahre hinfiebert! Na toll!
Jetzt noch einmal 50 Jahre und dann ab in die Kiste! Ein Wahnsinn diese erfreulichen Aussichten, nicht wahr!

Ich konnte es einfach nicht fassen und schon gar nicht glauben, dass das alles war. Esoterik und östliches Gedankengut hatten es mir angetan in jener Zeit. Ich verschlang massenweise Bücher. Besonders die Idee der Wiedergeburt und des Karmas erschienen logisch und vor allem sehr, sehr gerecht: Ein einziges Mal auf dieser Erde zu leben, all der Aufwand mit sprechen und gehen lernen und so weiter für ein einziges Leben, um dann für immer im Himmel oder in der Hölle zu sein, war eine doch sehr gewagte Theorie. Aber die Idee, dass die Seele immer wieder einen Körper annimmt, um Erfahrungen zu machen, zu reifen und schließlich die Perfektion zu erlangen, machte für mich mehr Sinn!

Ebenso begeisterte mich das Gesetz des Karmas: Alles, was man tut, hat eine Auswirkung und man bekommt früher oder viel später ganz persönlich eine Rechnung im Plus- oder Minusbereich präsentiert. Das heißt, man kann sich der Verantwortung für seine Handlungen nicht entziehen und erhält dafür positives oder auch weniger gutes Karma. Rackert man ein Leben lang, um super Klavier zu spielen, ist man eventuell im nächsten Leben mit 4 Jahren schon ausgezeichnet am Klavier oder einem anderen Musikinstrument. Macht man ein Leben lang Bewegung und hält sich fit, hat man im nächsten Leben wahrscheinlich einen starken und gesunden Körper.

Die Beispiele sind sehr vereinfacht dargestellt, aber sie machten mir Hoffnung und Mut und die Idee dahinter gab meinem Leben einen tieferen Sinn. Ich bin wieder einmal hier auf diesem Planeten, um zu lernen, ein vollkommener Mensch zu werden und ich werde wiederkommen, ausgeruht, um weitere Abenteuer zu bestehen. Das war was! Ja, diese Perspektive änderte mein Leben. Ich wusste, warum ich früh morgens aufstand und warum ich manchmal mit schwierigen Kindern konfrontiert wurde. Ich bin hier, um zu lernen, mein Handlungsrepertoire zu vergrößern und zu verbessern und ein feinerer Mensch zu werden.

In meiner Lieblingsliteratur las ich immer wieder vom Weg des Herzens oder man solle seinem Herzen folgen bzw. auf das Herz hören. Klang super! Aber die Praxis war eine komplett andere Geschichte, die mir unendliche Schwierigkeiten bereitete.

Es hieß, die Meditation wäre der Schlüssel zum Herzen. Sie beruhigt die laute Stimme des Kopfes und man kann dadurch die sanfte Stimme des Herzens wahrnehmen.

Und dann ein paar Wochen später passierte Folgendes:

Zum x-ten Mal hörte ich, dass es sehr zu empfehlen ist, einen Lehrer zu haben bzw. sich auf die Suche zu begeben. Denn es ist wie bei allen Dingen äußerst hilfreich, einen guten Lehrer an seiner Seite zu wissen, der einem die richtige Technik vermittelt, damit man Fortschritt macht und Freude daran hat, etwas immer besser zu beherrschen, ob das Gitarre spielen ist, Ski fahren, Häuser bauen oder Kuchen backen.

Und jeder weiß aus eigener Erfahrung, dass es tolle und weniger gute Lehrer gibt. Die Guten sind sympathisch und witzig, man lernt schneller und mehr und es fällt auch noch leichter, sich alles anzueignen und man entwickelt Interesse und Neugierde und hat ungeheuren Spaß! Und läuft es einmal nicht so gut, zeigt ein guter Lehrer Verständnis und steht mit Rat und Tat zur Seite.

Mir war sonnenklar: Dieser gute Lehrer muss her, der alle oben genannten Kriterien erfüllt. Ich war sehr dankbar, schon einige von diesem Typus kennen und schätzen gelernt zu haben, die Vorbilder für mich geworden sind. Jetzt hieß es, den Meditationslehrer zu finden.

Ein neues Abenteuer begann, das mich nach New York führte. Ich erfuhr von der Tatsache, dass wenn man es wirklich von ganzem Herzen wolle, man seinem Lehrer begegnet. Man ziehe ihn förmlich an. Man müsse nur die Augen und Ohren offen halten.

New York City erwies sich als wahre Fundgrube für Meditationslehrer. An jeder Hausecke gab es einen esoterischen Buchladen, ein Cafe, Restaurant, ein Yogacenter oder einen Bioladen und überall fand man Anzeigen und Aushänge über Veranstaltungen und so besuchte ich einen Gratis-Meditationskurs. Da ich schon länger meditierte, fand ich den Kurs langweilig. Erst als die Vortragende begann von ihrem Lehrer zu sprechen, wurde ich hellhörig. Sie sprach mit so viel Liebe und Achtung von ihm, von Sri Chinmoy.

Kurz vor meinem Abflug nach New York hatte ich bereits von Sri Chinmoy gehört. Ich wusste auch, dass er in New York lebte und dann erfuhr ich noch, dass er bald in Manhattan eine Meditationsveranstaltung halten würde. Ich erhielt eine Einladung mit einem schönen Farbbild von Sri Chinmoy darauf. Ich hatte bereits eines von ihm in meinem Zimmer hängen, die schwarz-weiße Kopie eines anderen Fotos auf der Einladung zum Meditationskurs.

Ich ging zu der Veranstaltung.

Wow, kann ich Euch nur sagen. Das war auch schon alles, was mir an diesem Abend einfiel. Mein sonst so emsig arbeitendes Gehirn hatte sich an jenen Abend für einen Kurzurlaub verabschiedet. Es herrschte totale Funkstille. Sri Chinmoy verteilte am Ende eine Orange und eine Botschaft für das kommende Jahr. Ich marschierte zum Bühnenrand, um meine Geschenke entgegenzunehmen und wie in Trance bewegte ich mich zu meinem Sitzplatz zurück.

Als ich heimkehrte, war ich immer noch alleine, ganz ohne meine vertraute Gedankenwelt. Meine Zimmerkollegin sah mich verdutzt an und fragte, ob alles in Ordnung sei. Ich nickte nur und verschwand in meinem Zimmer. Irgendetwas war geschehen und es fühlte sich gut an! Ja es fühlte sich richtig gut an!

Ich wollte meine Entscheidung aber nicht überstürzen und kaufte neben Büchern von Sri Chinmoy auch total inspirierende Bücher anderer Meditationslehrern, aber mein absolutes Lieblingsbuch wurde „Wings Of Joy“ von Sri Chinmoy.

Einige Wochen später besuchte ich, wie jeden Sonntag mein Lieblingsrestaurant in Queens, das Annam Brahma, wo alles selbstgemacht wird, sogar der leckere Chai, ein asiatischer Gewürztee, wird selbst angesetzt. Schülerinnen von Sri Chinmoy betreiben das vegetarische Restaurant und ich erzählte ihnen, auch Schülerin werden zu wollen und mein Herz hüpfte vor Freude, als ich es aussprach und sie meinten, na klar, was sonst!!

Meine Entscheidung war also gefallen, obwohl es eigentlich keine Entscheidung mehr war. Es wurde mir von Tag zu Tag deutlicher bewusst, dass Sri Chinmoy der Gesuchte ist, denn wenn ich sein Bild sah, wurde mir warm ums Herz und wenn ich aus seinen Büchern las, geschah dasselbe.

Mein Abenteuer war zu Ende und ein neues ebenso spannendes begann: Das Leben als Schülerin von Sri Chinmoy.
Danke!

Gannika