Ich möchte was sie hat, von Jane aus Auckland

Mit großer Weisheit wählte Sri Chinmoy einen sehr sanften Weg, mich zu ihm zu führen. Er war perfekt, denn alles andere hätte nur meinen denkenden, analysierenden und widerstrebenden Verstand überfordert. Wie einem kleinen Vogel, wurden mir verdaubare Brosamen zu geworfen, bis ich schließlich "eingefangen" war. Dies ist meine Geschichte.

Meine ganze Kindheit hindurch und zwischen meinem zwanzigsten und vierzigsten Lebensjahr, nagte in mir das Gefühl, dass irgend etwas fehlte.
In einem Versuch zu ergründen, was ich vermisste, erinnere ich mich daran, wie ich meine Mutter fragte, ob ich eine Zwillingsschwester hätte. Sie schaute mich verwundert an, wodurch ich an Hoffnung gewann, sie würde mir nun eine wunderbare Geschichte über meine Zwillingsschwester erzählen. Aber ich hatte Pech. Da gab es keinen verloren Zwilling, der die Erklärung dafür bot, weshalb es sich so anfühlte, als würde ein Teil von mir fehlen.

1996, noch bevor ich ein paar Monate später einen Meditationskurs besuchte, belegte ich ein Abendseminar. Dieses nannte sich "Schöpfe all deine Möglichkeiten aus". Das Thema der letzten Kurswoche war: "Entdecke dein spirituelles Potenzial". Ich erinnere mich, wie ich mich von meinem Platz erhob und zu den Teilnehmern sagte: "Etwas in meinem Leben kommt auf mich zu. Ich weiß nicht was, jedoch wird es mit Gewissheit etwas Spirituelles sein. Nichts Christliches, es wird keine Kirche sein, jedoch ein sehr schöner Ort, wohin ich gehen werde. Es wird ein Erkennungssymbol geben, jedoch nicht das Kreuz." Ich erklärte mit innerer Gewissheit, dass ich es zu jenem Zeitpunkt erkennen würde.

Einige Wochen später bekam eine Freundin einen Handzettel über Meditationskurse zugesteckt. Sie fragte mich, ob ich sie begleiten wolle. Mir war es ziemlich gleichgültig, wohin wir gehen würden; ich dachte nur: "Ich bin dankbar für jeden Anlass, das Haus verlassen zu können." Es war also eher Verzweiflung als irgend ein inneres Streben, die mich meinen ersten Meditationskurs aufsuchen ließ.
Was ich an den Kursen mochte, waren die kleinen, hölzernen Mönchsstatuen, die neben dem Schrein aufgebaut waren. Ich kam deshalb immer wieder, um diese Statuen zu bewundern.

In der dritten Kurswoche, kehrte Subarata, eine Meditationsschülerin Sri Chinmoys, aus New York zurück, wo ihr spiritueller Lehrer Sri Chinmoy wohnte. Sie hatte gerade einen Lauf, der sich über mehrere Tage erstreckt hatte, erfolgreich zu Ende gebracht. Sie war erfüllt von Licht und Kraft. Ich konnte es kaum fassen, dass sie nach all diesen Kilometern, die sie zu Fuß bewältigt hatte, so gut und glücklich aussehen konnte. Ich erinnere mich an meinen damaligen Gedanken: "Ich möchte, was sie hat." Deshalb bewarb ich mich darum, eine Schülerin Sri Chinmoys zu werden.
Zu diesem Zeitpunkt war ich mir noch immer nicht im Klaren darüber, dass ich jenen spirituellen Weg gefunden hatte, über den ich bereits in meinem Abendseminar gesprochen hatte.

Jetzt, als eine Schülerin, meditierte ich zusammen mit allen anderen Meditationsschülern im großen Meditationsraum. Was ich an Meditation am meisten mochte, war der Umstand, dass für mehrere Stunden niemand etwas von mir verlangte. Als Mutter kleiner Kinder war dies himmlisch – eine ununterbrochene, kinderfreie Auszeit. Meditation bedeutete für mich, dass ich jeden Sonntag und Mittwoch meinem Leben als Mutter und Hausfrau entfliehen konnte. Dieser kleine verdaubare Brosamen Sri Chinmoys lockte mich Woche für Woche. Fluchtgedanken anstelle inneren Strebens bewegten mich zum Kommen, lange genug bis ich schließlich wirklich eine Verbindung mit den Menschen im Meditationszentrum und Sri Chinmoy selbst aufgebaut hatte.

Zwei Jahre später, an einem sonnigen Apriltag in New York - ich befinde mich beim Treffen von Sri Chinmoys Schülern aus aller Welt. Die Tore des Ortes, wo die Treffen im Freien stattfinden haben sich geöffnet. Ich habe mir einen Platz ausgesucht, und beginne, mich auf den Tag vorzubereiten - mein Bewusstsein zu erheben. In diesem Moment erkenne ich, dass das nagende Gefühl, etwas in meinem Leben zu vermissen, vollkommen verschwunden ist. Ich empfinde mich als ganz. Alles, was ich an jenem Abendseminar mit dem Titel "Schöpfe all deine Möglichkeiten aus" angekündigt hatte, lag nun buchstäblich vor mir. Ich war von Sri Chinmoys spirituellem Boot ganz und gar "eingefangen" worden. Und nun war mir bewusst, was ich bisher in meinem Leben vermisst hatte.

Jane, Auckland