Die beste Entscheidung in meinem Leben, von Abhinabha Tangermann aus Amsterdam

Das spirituelle Leben ist eine andauernde Suche nach Glück. Von früher Kindheit an war ich davon überzeugt, dass Glücklichsein Sinn und Ziel des Lebens ist. Über die Jahre hinweg hat diese innerste Überzeugung mein Leben bestimmt. Glücklich sein oder nicht glücklich sein, das ist hier die Frage.
Eines Tages, im Alter von 19 Jahren, bemerkte ich, dass ich nicht mehr glücklich war. Dies war eine aufschlussreiche und irgendwie auch traumatische Erfahrung. Meine zurückliegende Kindheit war von Glück erfüllt gewesen. Ich war ein vom Schicksal begünstigtes Kind mit vielen Freunden und mich liebenden Eltern. Und sogar als Jugendlicher konnte man mich als Menschen bezeichnen, dessen Leben unter einem guten Stern stand. Ich studierte Theaterwissenschaften, was etwas war, was ich liebte, und wohnte in Amsterdam, einem aufregenden und ereignisreichen Ort. Man hätte also annehmen können, alle Zutaten für ein glückliches Leben seien vorhanden gewesen. Jedoch, ich war nicht wirklich glücklich.

Ich spürte eine zunehmende Oberflächlichkeit, vor der es mir mit jedem zuende gehenden Tag graute. Gespräche drehten sich immer um die gleichen Themen. Meine Existenz bewegte sich zwischen Studium, Theaterbesuchen und dem Herumhängen in Kneipen, um zu trinken und sich zu unterhalten, hin und her. Ich fühlte mich wie eine Schallplatte mit Sprung, die die selbe Note immer und immer wiederholt. Auf jeden Fall vermisste ich etwas, obgleich ich es nicht wirklich benennen konnte. Ich glaube, ich sehnte mich nach mehr Tiefe – einer größeren Zufriedenheit, als es mir das tägliche Studentenleben zu geben in der Lage war.
Jedoch was es genau war und wie es hätte gefunden werden können, davon hatte ich nicht die geringste Vorstellung - um mit Hamlet zu sprechen: Ich fühlte, dass es "mehr zwischen Himmel und Erde" gab, als sich die meisten Menschen eingestehen wollten. Man hätte dies vielleicht auch als spirituellen Hunger bezeichnen können. Denn zu dieser Zeit meditierte ich bereits, jedoch nur für mich allein. Es war ganz nett, aber gleichzeitig auch nichts Besonderes. Meine Meditation war dann doch allzu sehr von meinem Alltagsleben an der Universität getrennt.

Während dieser Zeit besuchte ich einen Vortrag, der vom Sri-Chinmoy-Zentrum in Amsterdam veranstaltet wurde. Wie ich dazu kam, ist eine recht amüsante Geschichte:Auf der Universität hatte ich von einem indischen Guru gehört, der einen Vortrag in einer sehr bekannten Kirche geben sollte. Ich merkte sofort, wie dies etwas in mir zum Klingen brachte. Deshalb entschied ich mich hinzugehen. Der Vortrag sollte um 19 Uhr beginnen, jedoch konnte ich die Kirche seltsamerweise nicht finden. Was wirklich seltsam war, da ich mir sicher war, dass ich sie schon viele Male gesehen hatte.
Es war bereits nach Sieben, als ein kleines Poster meine Aufmerksamkeit weckte. Das Poster hing am Eingangstor des Stadtparks. Es war das Bild eines freundlich dreinblickenden indischen Mannes darauf zu erkennen, sowie ein kurzes Gedicht über inneren Frieden. Unter dem Bild war der Name dieses Mannes vermerkt: Sri Chinmoy. Auf dem Poster wurde ein Meditationsvortrag angekündigt, jedoch nicht jener, den ich ursprünglich hatte besuchen wollen. Ich studierte die Informationen auf dem Plakat etwas genauer. Der Vortrag war tatsächlich für heute Abend um 19:30 Uhr anberaumt. Und der Ort war ganz in der Nähe. "Nun gut", dachte ich bei mir, "dann lass mich halt dort hingehen". Ich schwang mich auf mein Fahrrad und kam noch rechtzitig zum Beginn des Vortrages an. Dies war wirklich einer dieser vom Leben selbst "geplanten Zufälle". Ich saß da, und saugte alles in mich auf. Der Vortrag veränderte mein Leben.

Der Vortragende war ein etwa 40-jähriger Mann, der innere Ruhe ausstrahlte. Er sprach über ein inneres, spirituelles Leben, über Frieden, Liebe, Glücklichsein, und wie wir diese inneren Realitäten durch Meditation in uns selbst zum Vorschein bringen können. Er hatte eine symphatische und inspirierende Ausstrahlung. Seine Stimme war voller Wärme und Liebe. Worüber er sprach war wie Musik in meinen Ohren. Ich verließ den Vortrag mit einem tiefen Gefühl des Friedens und einem begeisterten Herzen. Ich hatte gefunden, wonach ich schon so lange gesucht hatte! Es war, als wäre ein Schleier von meinen Augen gewischt worden, und plötzlich dieser wunderbare und allumfassende Blick auf das Leben zum Vorschein gekommen. Irgendwie schien alles auf mich gewartet zu haben. Es fühlte sich vollkommen natürlich und "richtig" an.
Einige Monate lang besuchte ich die Meditationskurse, die vom Sri-Chinmoy-Zentrum angeboten wurden. Nach und nach inspirierte und begeisterte mich Sri Chinmoys Philosophie immer mehr. Was mich dabei am meisten ansprach, war die Verbindung eines tiefen und seelenvollen inneren Lebens mit einem dynamischen, vielsetigen äußeren Leben.
Jedoch hegte ich auch meine Zweifel. Schüler von Sri Chinmoy zu werden, bedeutete auch einige Vergnügungen, die das Leben so bietet, aufzugeben. Ich war zum damaligen Zeitpunkt gerade einmal 20 Jahre alt. War ich wirklich bereit, ein spiritueller Mensch, sozusagen ein moderner Mönch zu werden? Der größte Teil in mir wollte einfach ins spirituelle Leben hinein springen, jedoch ein eher konservativer Teil hielt mich immer noch davor zurück.

Ich brauchte lange, mich wirklich zu entscheiden. Ich glaube, ich besuchte den Anfängerkurs vier Monate lang. Und es hätte sich alles wohl noch viel länger hingezogen, hätte ich nicht zwei Träume in Zusammenhang mit Sri Chinmoy gehabt. Im ersten Traum lehrte Sri Chinmoy einigen seiner Schüler Lieder, und ich war einer von ihnen. Im zweiten Traum traf ich Sri Chinmoy in der holländischen Stadt Leiden, aber in meinem Traum wurde die Stadt zu Lijden, dem holländischen Wort für körperliches und geistiges Leiden. Das ganze hatte Symbolcharakter. Sri Chinmoy schüttelte meine Hand und lächelte mir zu, als wolle er damit sagen: "Ich kann all dein Leiden hinweg nehmen." Als ich aufwachte, spürte ich eine große spirituelle Kraft in mir und wusste, dass ich unbedingt Sri Chinmoys Schüler werden musste. Und so kam es auch. Es war die beste Entscheidung in meinem Leben. Ich habe es nicht für einen Moment bereut.
Ich bin Sri Chinmoy ausgesprochen dankbar, mir das spirituelle Leben näher zu bringen. Seine liebevolle innere und äußere Führung brachte in mir viele Schätze hervor und hat meinem Leben einen Sinn gegeben, der meine Tage mit Freude und Zufriedenheit bereichert.

Abhinabha Tangermann, Amsterdam