Die Begegnung mit Sri Chinmoys Bruder Mantu, von Sara und Giovanni Amantea, Mailand, Italien

Vor sieben Jahren nahm uns Sri Chinmoy als seine Meditaionsschüler an. Es war April, jedoch waren wir bereits im März angenommen worden, während wir uns in Indien auf der Suche nach unserem wahren Meister befanden.
Alles begann im Jahr 2000. Wir suchten nach etwas, wussten jedoch nicht genau was. Wir dachten daran, nach Neuseeland umzusiedeln, doch als wir uns eingehender damit auseinandersetzten, fanden wir heraus, dass dies einige Fähigkeiten erforderte, die wir nicht hatten.
Als nächstes versuchten wir es mit einem Spanienurlaub, um das Land etwas besser kennenzulernen. Dort angekommen spürten wir, dass dies nicht der richtige Ort für uns war. Also kamen wir nach Hause zurück.

Sara und Giovanni Amantea vom Sri Chinmoy Zentrum in Mailand

Giovanni hatte im Geheimen daran gedacht, mit dem Meditieren zu beginnen. Mit dem Meditieren anzufangen war für mich wie "ein Schlag mit dem Hammer". Von Morgens bis Abends hatte nichts um mich herum noch eine Bedeutung. Etwas war in uns geschehen, jedoch wussten wir nicht was wir tun sollten.
Zu jener Zeit arbeitete ich in der Nähe eines spirituell-esoterischen Buchladens, und jeden Tag brachte ich zwei oder drei Bücher mit nach Hause. Wir verbrachten Stunde um Stunde damit, sie gierig zu verschlingen. Mittlerweile besuchten wir kostenlose Meditationskurse im gleichen Buchladen. Es war nett aber ziemlich leblos, langweilig. Es brachte uns nirgendwo hin.

Unsere Unzufriedenheit wuchs. Wir wollten einen wahrhaftigen Meister, einen lebenden Meister ersten Ranges. Ich weinte jeden Tag, weil ich nicht in dem Zeitalter von Buddha, eines wirklichen Meisters geboren worden war. Stattdessen lebte ich in einem Zeitraum, der, so schien es, ohne lebende große Meister auskommen musste. Unser Leben war hart und es mutete schwierig an, weiter vorwärts zu schreiten.

Wir entschieden uns dafür umzuziehen und unser Leben zu verändern. Wir versuchten eine spirituelle Gemeinschaft, unter der inneren Leitung eines altehrwürdigen spirituellen Meisters zu finden, und dort für unseren spirituellen Fortschritt zu arbeiten. Wir waren dazu bereit, unsere Wohnung zu verkaufen und alles was wir hatten solch einer Gemeinschaft zu überlassen.
Jedes Wochenende suchten wir hier und dort, aber keine spirituelle Gemeinschaft berührte unsere Herzen. Wir bereisten alle inspirierenden spirituellen Orte Italiens, von Nord nach Süd.
Wir waren sehr müde und entmutigt, fühlten jedoch letztendlich, dass unsere einzigen Möglichkeiten Auroville in Indien und eine nette Gemeinschaft in Schottland war. Wir entschieden uns für Indien, weil wir dabei etwas Hoffnung verspürten, dort auf einen lebenden Meister treffen zu können. Wenn wir einen Meister finden würden, würden wir, zu seinen Füßen, ihm für den Rest unseres Lebens dienen. Wenn dies unmöglich sein sollte, könnten wir uns dafür entscheiden in Auroville zu bleiben, da Sri Aurobindo solch ein großerspiritueller Meister gewesen war.

In der Zwischenzeit stießen wir auf einen kostenlosen Meditationskurs, durchgeführt von einem Schüler Sri Chinmoys. Der zuständige Kursleiter sprach über Sri Chinmoy, jedoch verstanden wir nicht, um wen es sich hierbei in Wahrheit handelte. Wir dachten er wäre ein einfacher Yogi. Zudem lebte er in New York – so weit entfernt und an solch einem unspirituellen Ort!
Daher maßen wir diesem Kurs keine große Bedeutung bei; Indien beherrschte unsere Gedanken, unser wahrer Meister war mit Sicherheit dort!
Wir hatten Fotos von uns abgegeben, um Sri Chinmoys Schüler zu werden. Jedoch in unseren Herzen fühlten wir, wir würden auf jeden Fall nach Indien ziehen.
Der Kursleiter sagte uns, dass Sri Chinmoy möglicherweise während unserer Reise nach Indien in Pondicherry sein würde. Seine Wohnstätte im Sri Aurobindo Ashram befand sich ganz in der Nähe von Auroville. Wir dachten, dass es angenehm sein könnte, ihm dort zu begegnen. Ich kündigte meine Stelle und Giovanni nahm sich zwei Monate Urlaub.

In Auroville trafen wir auf viele freundliche Sucher, jedoch niemand konnte uns dabei unterstützen, unseren "wahren Meister" ausfindig zu machen. Wir entschieden uns dazu, den Sri Aurobindo Ashram zu besuchen. Sri Chinmoy würde mit Sicherheit dort sein.
Als wir den Mann im Ashram nach Sri Chinmoy fragten, der für das Ablegen unserer Schuhe im Garten zuständig war, war dieser sehr über das Kommen Sri Chinmoys erfreut.
Er sagte: "Ich bin ein Freund Sri Chinmoys", und bestand darauf, uns ins Büro zu schicken, wo uns ein Mann die Adresse von Sri Chinmoys Bruder würde geben können. Sri Chinmoy könnte sich in der Wohnung seines Bruders aufhalten.
Wir wollten niemanden belästigen, jedoch bestand der Mann darauf. Deshalb blieb Giovanni im Garten, und ich ging ins Ashrambüro, und fragte nach dem zuständigen Sachbearbeiter. Ich machte ihn ausfindig und sagte ihm, dass Sri Chinmoy kommen würde. Er war darüber sehr erfreut und gab mir die Telefonnummer Mantus, dem Bruder Sri Chinmoys.
Ich wollte diesen nicht durch einen Anruf belästigen, jedoch riet mir der Sachbearbeiter gut zu. Er erklärte mir zudem, wie ich Mantus Wohnung finden konnte. Deshalb bedankte ich mich bei ihm und ging.

Als wir Auroville erreichten, ließen wir zwei Tage bis zu einem Anruf in Sri Chinmoys Wohnstätte verstreichen. Danach entschieden wir uns nun abzuklären, ob Sri Chinmoy anwesend war oder nicht. Giovanni rief an. Mantu antwortete.
"Hallo, ich habe eine Meditationskurs Sri Chinmoys in Italien besucht. Ich habe gehört, dass Sri Chinmoy anwesend sein könnte. Darf ich rüberkommen?"
"Komm, komm!"
"Aber…ist Sri Chinmoy da?"
"Komm, komm!"
Mantu wollte uns nicht sagen, dass Sri Chinmoy nicht da war; er wollte uns einfach emfpangen.
"Aber wann?"
"Wann immer du willst!"
Wir warteten noch zwei Tage, bevor wir uns für einen Besuch entschieden. Zwei weitere italienische Sucher, die wir in Auroville kennengelernt hatten, wollten uns begleiten, sowie ein junger Mann, der als Bindeglied zwischen Italien und Auroville fungierte. Dieser zeigte sich sehr begeistert.
Er sagte zu uns: "Sri Chinmoy? Oh, er ist ein Avatar, ein sehr großer Meister! Welch ein Glück, ihn hier zu treffen."

"Chinmoy" stand deutlich erkennbar an der Wand neben der Eingangstür geschrieben. Giovanni schaute hinein. Von der Tür aus konnte er Mantu am Ende des Flurs sitzen sehen. Mantu schaute ihn an und deutete ihm herein zu kommen.
Wir gingen hinein. Er war sehr erfreut und strahlte. Mantu begann, von Sri Chinmoy zu erzählen, und zeigte uns Bilder, die überall im Raum verstreut waren. Er sprach sehr schnell und in gutem Englisch. Seine Begeisterung war wie die eines kleinen Kindes, das über seinen bedeutenden Vater spricht. Mantu war Sri Chinmoys größter Bewunderer. Er war sehr glücklich, über Sri Chinmoy sprechen zu können, mit einem nicht nachlassenden Stolz. Mantu sagte uns, dass Sri Chinmoy nicht da war, weil er in der Tat gerade ein Treffen mit Präsident Gorbatschow hatte. Wir lauschten vielen Begebenheiten von Sri Chinmoys Vergangenheit und Gegenwart, jedoch war unser Englisch nicht besonders gut, daher konnten wir nicht alles verstehen.

Eine nette Frau brachte uns Speisen und Getränke. Nachdem er uns alle Räume gezeigt hatte, bot uns Mantu an im Meditationsraum im ersten Stock zu meditieren. Jedoch waren wir etwas beschämt, solch einen heiligen Ort zu stören. Er bestand und bestand jedoch darauf, weshalb wir letztendlich einwilligten.
Wir meditierten in einem kleinen, schönen Raum. Auf dem Schrein, der mit vielen Blumen geschmückt war, befanden sich Bilder von Sri Aurobindo und der Mutter. Wir erhielten Prasad, gesegnete Nahrung, dankten Mantu und brachen dann dankbar auf. Mantu und die Frau, die uns bedient hatte, waren unvorstellbar freundlich gewesen.

Doch noch immer verstanden wir nicht ganz, wer Sri Chinmoy in Wirklichkeit war. Wir begriffen nicht, dass in jenem Moment eine Gelegenheit in unserer Heimatstadt an unsere Tür klopfte.
Wir entschieden uns dafür, unseren lebenden, indischen Meister außerhalb von Auroville zu suchen. Auf den letzten zwei Wochen unserer Reise, statteten wir verschiedenen Ashrams einen Besuch ab, aber nichts rührte sich in unseren Herzen. Zudem waren wir ziemlich frustriert, da die Zeit nach Hause zurückzukehren schnell heranrückte und wir unseren Meister nicht gefunden hatten!

Wir waren für Sri Chinmoys Weg zwei Wochen zuvor akzeptiert worden, jedoch hatten wir davon in Indien keine Kenntnis erhalten.
Am letzten Tag unserer Reise war ich sehr betrübt, dass wir ohne Meister nach Italien zurück kehren mussten. Giovanni versuchte, mich zu trösten. An jenem Tag besuchten wir einen letzten Ashram. Dann geschah etwas Merkwürdiges: in mir kam das Gefühl eines starken Wunsches auf, nach Italien zurückzukehren. Der Tag unseres Abflugs war der 13. April, jedoch wussten wir noch nichts über die Bedeutung dieses Tages, an dem Sri Chinmoy 1964 von Indien in den Westen, nach New York City, gekommen war.

Als wir gerade unser Gepäck im Flur unserer Wohnung in Mailand abstellten, läutete das Telefon. Wir wurden darüber in Kenntnis gesetzt, dass unsere erste Zusammenkunft als Schüler Sri Chinmoys noch am gleichen Abend sein würde.
Wir hatten die Ashrams vieler Meister in Indien besucht und dort wenig gespürt, wahrscheinlich weil wir nicht für den Meditationsweg einer dieser Meister bestimmt waren. Als wir jedoch an diesem Abend zum ersten Mal das Sri-Chinmoy-Zentrum in Mailand betraten, fühlten wir tiefe Freude und nahmen inneres Licht war. Endlich hatten wir unseren Meister gefunden und vor allem erkannt. Sri Chinmoy hat uns im Laufe der Jahre viele innere Erfahrungen geschenkt und uns dabei geholfen, persönliche Schwächen zu überwinden. Giovanni, der immer eher zürückhaltend, ja scheu war und es als schrecklich empfand, vor anderen Menschen zu sprechen, ist viel offener geworden und gibt heute sogar Meditionskurse für viele Sucher.

Sara und Giovanni Amantea, Mailand, Italien