Sri Chinmoy beseitigt eine Blockade, von Jogyata Dallas, Auckland

Diese lange Wanderschaft, die dazu führte, dass ich Schüler von Sri Chinmoy wurde, verdanke ich großteils meiner geliebten, mittlerweile verstorbenen, Lebensgefährtin und Frau Subarata. In Irland geboren und enorm eigenständig, wünschte sie sich von ihren Eltern zu ihrem 20. Geburtstag ein Flugticket ohne Rückflug nach Neuseeland. Ihre Eltern willigten ein und so kam es, dass ich sie das erste Mal 1975 in der Stadt Hamilton traf.
Ob nun dem Zufall oder Schicksal zu verdanken, kannte sie jemanden, den auch ich kannte, und an genau jenem Tag machten wir uns beide, unabhängig voneinander, auf den Weg, um genau diesen gemeinsamen Freund zu besuchen. Ich fuhr die 400 Meilen per Anhalter durch Neuseeland und sie flog die 13.000 Meilen von Irland dorthin. Und als wir uns dann an jenem Nachmittag vor langer Zeit begegneten, wurden wir sofort Freunde.

Wir waren von Natur aus Einsiedler und lebten an sehr abgelegenen Plätzen. Manchmal vergingen Monate, ohne dass wir einen Menschen sahen. Subarata liebte Tiere – in einem Zufluchtsort in den Bergen schaffte sie sich drei Wildschweine, zwei wunderschöne Border Collies, die sie Scruffles und Scobie nannte, ein weißes Palmino-Pferd genannt Trigger, vier namenlose und uns missbilligende Hennen, einige Zebrafinken und ein verrücktes, etwas absonderliches Lamm namens Darley an.
Auch Ziegen streunten umher und einmal blieb ein bezauberndes Rehkitz, das sich in einem Zaun verfangen hatte und von uns befreit wurde, für eine kurze Genesungszeit bei uns.
Als Subaratas Visa ablief, gab ihr die Einwanderungsbehörde drei Tage, um das Land zu verlassen. Also ließen wir uns auf dem Standesamt in dem kleinen Städtchen Motueka auf der Südinsel Neuseelands trauen. Wir beide machten uns nicht viel aus dem Heiraten, so gab es weder einen Ring noch Blumen - es war für uns so bedeutungslos wie das Unterzeichnen eines Bankeinzahlungsbelegs, aber es ermöglichte ihr im Land zu bleiben.

1979 befragten wir das I-Ging, das mystische chinesische Buch der Wandlung, und wir folgten dessen unergründlichem Ruf nach Australien. Wir reisten auf Umwegen von Perth, im Westen, nach Adelaide in Südaustralien und erlebten dabei unzählige Abenteuer. Schließlich ließen wir uns nahe Port Adelaide nieder und begaben uns auf eine weitere Odysee. Denn dort entdeckten wir das Sri-Chinmoy-Zentrum.
Wenn man von Perth her nach Osten reist, kann man die endlosen Nullarbor-Ebenen auf der Erie-Schnellstraße durchqueren – gewaltige 2700 Kilometer – oder, etwas bequemer, mit der Indisch-Pazifischen-Eisenbahn zwei Tage lang die Weite bestaunen - eine unbesiedelte Wüste, gekennzeichnet durch die längste schnurgerade Schienenstrecke der Welt – so topfeben, dass man die fast unmerkliche Krümmung des Horizontes erkennen kann. Wir jedoch bestiegen, am Randbezirk dieser roten Weite, ein Auto, die Reise mit zwei Fremden teilend, was in einer festen Freundschaft mündete. Unsere neuen Freunde verschafften uns vier Monate Arbeit in deren Motel im Hinterland, dem Quorn-Mühle-Motel. Subarata wurde die neue Empfangsdame für Ankömmlinge mit dem Reisebus, ich ein eher pfuschender Weinkellner und Handlanger, und wir lebten in einem Wohnwagen, der im staubigen Hinterhof des Motels abgestellt war.

Manchmal schleppten unsere neuen Freunde unser Wohnwagenheim 200 Meilen nördlich und überließen uns für ein paar Tage, am Ende der Straße, den kahlen, endlosen Hügeln mit ihren rostbraun-orangenen Steilabbrüchen und Tälern mit blassem Eukalyptus, der nach allen Seiten hin wucherte. Wir wanderten unter Himmeln mit anmutig schönen Sonnenuntergängen und Sonnenaufgängen belebt mit Heerscharen wilder Vögel, deren Gefieder sich von grau, über rosa, nach silber veränderte, wenn sie sich im Einklang mit dem ersten Sonnenlicht bewegten. Ein luftiges Spektakel hoch oben vor einer blauen Weite, frohlockend über des Lebens Geschenk eines neuen Tages.

Dann zogen wir nach Adelaide. Eines Nachmittags, sehr spät im Jahr, so zufällig wie eine Feder von einem Lüftchen dahingetragen wird, überquerten wir eine Ortstraße und kehrten in ein Cafe ein, auf der Suche nach einem kühlenden Getränk, wodurch wir, in einem völlig absichtslosen, launenhaften Augenblick, zum ersten Mal mit dem Namen Sri Chinmoy in Berührung kamen.
Dieser tiefe und lebensverändernde Moment schien so von einer Laune herangtragen. Hätte der Lufthauch uns nicht genauso durch einen anderen Eingang, mit einem anderen Endergebnis, tragen können? Ich weiß es nicht. Jedoch hier war er, uns von einem Bild, welches an einer Wand des Cafes hing, anlächelnd. Und in uns beiden wurde etwas weit Entferntes berührt. War es das Erkennen von etwas Vorherbestimmtem, ein Flüstern der erwachenden Seele? Ich glaube, so war es.

Dann reagierten wir auf eine nicht im Zusammenhang stehende "Lerne zu meditieren"-Bekanntmachung – und hier war er wieder, in seinem transzendentalen Aspekt, auf Sipras, einer Schülerin Sri Chinmoys, Schrein. Entgegen dem Üblichen, in diesem ersten Einfühungskurs, ließ uns Sipra zu Beginn unserer ersten Meditationserfahrung allein, um Einkaufen zu gehen, irgendwann später zurückkehrend, um unseren Fortschritt zu überprüfen! Wenn Gottes Stunde schlägt, spielen Technik und Übung vielleicht kaum eine Rolle – Gnade ebnet den Weg und räumt alle Hindernisse aus dem Weg!

Kurze Zeit später flogen wir nach New York, dem Wohnsitz Sri Chinmoys und Treffpunkt seiner Schüler aus aller Welt. Wir sahen Sri Chinmoy zum erstenmal bei einer Abendmeditation, irgendwann Anfang 1981. Es strahlte weißes Licht überall um ihn herum und etwas wurde in meine Erinnerung gebracht, ein angenehmes Gefühl der Rückbesinnung und eines nach Hause Kommens. Danach standen wir in einem Schulkorridor - die Veranstaltung hatte in einem Schulgebäude statt gefunden - welchen er entlang schritt, auf dem Weg zu seinem Auto, und, in diesen wenigen Momenten, so empfand ich, geschah etwas ziemlich Bedeutungsvolles. Sri Chinmoy blickte uns beide an und lächelte sehr warmherzig – seine Augen bewegten sich auf und ab, und er schaute auf mein Herzzentrum. Ich konnte spüren, dass dort etwas geschah, eine Blockade beseitigt wurde, ein schwacher Gefühlsausbruch zum Vorschein kam. Danach machte ich mir nie mehr darüber Gedanken, wie ich Meditieren sollte – ich fühlte, dass für alles Sorge getragen worden war, durch eine Art von Einweihung, und dass Meditation wirklich ein Geschenk oder ein Akt der Gnade war. Wir mussten nur bereit sein, es weiterhin zu versuchen.

Diese äußere Geschichte mag unscheinbar klingen, jedoch manchmal wundere ich mich, auf welche Weise die inneren Realitäten vor unserem äußeren Verständnis verborgen sind, und staune darüber, dass Menschen, wie wir beide, so gesegnet werden konnten. Das Geschenk der Schülerschaft änderte unwiderruflich die Richtung unseres Lebensflusses und brachte uns felsenfest auf die große Reise zurück zu Gott. Jene größte Sehnsucht und jenen höchsten Ruf, der im Herzen jedes Menschen verborgen liegt.

Jogyata Dallas, Auckland